Biokraftstofftechnik

Für die in der Land- und Forstwirtschaft derzeit hauptsächlich verwendeten Dieselmotoren sind Biokraftstoffe aus Pflanzenölen ein optimaler regenerativer Kraftstoff. Während der Heizwert von Pflanzenöl dem von fossilem Diesel naheliegt, gibt es aber, wie oben erwähnt, diverse Eigenschaften, die entsprechende Anpassungen erfordern. Es gibt zwei Strategien, welche die motortechnische Nutzung von Pflanzenölen ermöglichen: entweder wird der Kraftstoff an den Motor angepasst (Biodiesel) oder die Maschinen mit pflanzenöltauglichen Motoren ausgestattet (Werkslösungen bzw. technische Umbauten).

Anpassungen des Kraftstoffes

Bei der Biodieselherstellung wird eine chemische Veränderung des Pflanzenöls (üblicherweise Raps-, Sonnenblumen-, Soja-, Palm- oder Altspeiseöle) realisiert („Umesterung“). Der so entstandene Kraftstoff hat eine geringere Viskosität und einen geringeren Flammpunkt als das Ausgangsprodukt Pflanzenöl, was die Zündwilligkeit erhöht. Biodiesel in genormter Qualität (DIN EN 14214) kann problemlos in modernen Dieselmotoren und Einspritzsystemen verwendet werden, wobei eine schwache Aggressivität gegenüber Lacken und Dichtungen aus Gummi besteht. Um das Risiko zu minimieren, dass die Teile angegriffen und beschädigt werden, können die spritführenden Leitungen und Dichtungen durch resistente Teile ausgetauscht werden.

Bei Pflanzenölkraftstoffen ist es hingegen erforderlich, dem Öl nach der Kaltpressung mittels Nachbehandlungsverfahren den Gehalt an Calcium, Magnesium und Phosphor zu reduzieren. Die genauen Grenzwerte sind in der seit 2012 geltenden DIN 51605 für Rapsölkraftstoff bzw. in der DIN 51623 für Pflanzenölkraftstoffe festgehalten. Genaue Infos zu den Qualitäten von Raps- bzw. Pflanzenölkraftstoffen finden Sie auf den Seiten des TFZ.

Anpassungen des Motors

Um einen reibungslosen Betrieb moderner Common Rail-Dieselmotoren mit reinem Pflanzenöl gewährleisten zu können, benötigt es eine genaue Anpassung der Motorsoftware sowie des Kraftstoffsystems.

Vor allem der Kaltstart galt bei reinem Pflanzenölbetrieb als äußerst herausfordernd, mittlerweile gibt es jedoch zuverlässige Systeme, welche einen reibungslosen Betrieb ermöglichen. Bei Maschinen mit „2-Tank-System“, wird der Motor mit Diesel gestartet. Bei Erreichen der Betriebstemperatur wird auf Pflanzenölbetrieb umgeschaltet. Bei Maschinen mit 1-Tank System werden Kraftstoff- und Einspritzsysteme elektrisch vorgewärmt.

Eine weitere Herausforderung beim Pflanzenölbetrieb ist die Bildung von Ablagerungen an kraftstoffführenden Bauteilen. Diese können vor allem beim längeren Betrieb der Motoren entstehen und zu Verstopfungen der Bauteile (vor allem den Einspritzdüsen) führen. Dies führt zu Leistungseinbußen.


(Bild: John Deere)
 

Durch optimierte Brennverfahren für pflanzenölbetriebene Motoren kann jedoch die Bildung von Ablagerungen auf ein Minimum reduziert werden. Des Weiteren können mittels angepasstem Einspritzmanagement (Softwareanpassung) Leistungseinbußen und Kraftstoffeintrag ins Motoröl vermieden sowie Abgasemissionen reduziert.

Neben der motorseitigen Anpassung des Systems ist es zudem wichtig, dass der Kraftstoff speziellen Anforderungen gerecht wird, um einem reibungslosen Betrieb zu garantieren und Katalysatorschäden zu vermeiden. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Reduzierung von Aschebildnern wie Calcium, Phosphor oder Magnesium gelegt.

MultiFuel-Lösungen mit Eintanksystem, die sich derzeit in der Feldtestung befinden, ermöglichen dem Nutzer maximale Flexibilität. Mit diesem System ausgerüstete Maschinen können mit reinem Diesel, mit Raps- und anderen Pflanzenölen oder mit einem beliebigen Gemisch aus diesen Energieträgern betankt werden. Eine spezielle Software erkennt die konkrete Zusammensetzung und passt das Einspritzverhalten und das Brennverhalten bzw. die Abgasnachbehandlung entsprechend an.

Mehr Informationen zum Thema Pflanzenölkraftstoffe finden Sie auf den Seiten des TFZ Straubing und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR).

Koppelprodukte als Plus für die Bilanz

Bei der Herstellung von Biokraftstoffen fallen Nebenprodukte an, wie Extraktionsschrot bzw. Presskuchen bei der Pflanzenölgewinnung oder Schlempe bei der Ethanolproduktion aus Getreide. Diese sogenannten Koppelprodukte sind z. B. wertvolle Eiweißfuttermittel, können als Dünger oder energetisch, z. B. in einer Biogasanlage, genutzt werden. Glycerin aus der Weiterverarbeitung von Pflanzenöl zu Biodiesel findet darüber hinaus breite Verwendung in der Lebensmittelindustrie, der chemischen Industrie und der Medizin. Die Nebenprodukte der Biokraftstoffproduktion können bei der Bilanzierung im Rahmen der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung als Gutschrift angerechnet werden.

Beispielrechnung

So liefert zum Beispiel ein Hektar Raps bei dezentraler Verarbeitung etwa 1,3 t oder 1.400 l Rapsöl, 2,3 t Eiweißfutter und 6,7 t Stroh. Damit werden gleichzeitig Teller, Trog und Tank gefüllt. Mit 1,2 Mio. ha Rapsanbaufläche kann der gesamte jährliche Dieselkraftstoffbedarf der deutschen Landwirtschaft gedeckt werden. Gleichzeitig werden 2,8 Mio. t Eiweißfutter und 8 Mio. t Rapsstroh erzeugt, wodurch Sojaimporte vermindert und die Bodenfruchtbarkeit durch Humusaufbau gefördert werden.

Potentiale und Flächenbedarf

Die gesamte Ackerfläche in Deutschland beträgt 11,9 Mio. ha, die maximal mögliche jährliche Rapsanbaufläche beträgt ca. 2,1 Mio. ha. Eine Raps-Monokultur ist daher ausgeschlossen.

Um den jährlichen Kraftstoff-Bedarf aller landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge Deutschlands zu decken, benötigt man daher weniger als 10 % der ackerbaulich genutzten Gesamtfläche für die Produktion von Pflanzenöl-Kraftstoff. Dies entspricht einem Wert von ca. 2 Mio. t Pflanzenöl bei einem durchschnittlichen Rapsertrag von 4 t pro Hektar und einer Ölausbeute von ca. 30 %.

Berücksichtigt man, dass 2/3 der Ölsamenernte zu wertvollem Eiweißfuttermittel für Tiere werden, das sonst auf weiteren Ackerflächen angebaut werden müsste, benötigt man rechnerisch für die reine Kraftstoffproduktion sogar nur ca. 4 % der Ackerfläche.

Heimische Biokraftstoffe vermeiden somit im Sinne einer effizienten und nachhaltigen Ressourcennutzung Futtermittelimporte, z.B. von Soja, nach Deutschland. So müsste Deutschland ohne die Koppelprodukte aus der heimischen Biokraftstoffproduktion fast 50 % mehr Soja-Futtermittel importieren.

Weitergehende Informationen finden Sie z. B. über die Fachpublikation:
tfz kompakt 9 Biokraftstoffe – Fragen und Antworten (Erscheinungsjahr 2012).