26.01.2023. Am 25. Januar 2023 setzten sich Mitglieder der Plattforum „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ mit der Politik und dem Berufsstand zusammen, um die Voraussetzungen, aber auch die Potenziale erneuerbarer Antriebsenergien in der Land- und Forstwirtschaft zu erörtern. Damit gliederte sich die Diskussionsrunde in das Programm des Innovationsforums Landtechnik ein, welches im Rahmen der Internationalen Grünen Woche 2023 auf dem Erlebnisbauernhof als Podium für Gespräche rund um den Wandel hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft fungierte.

Unter der Moderation von Dr. Edgar Remmele, Abteilungsleiter Erneuerbare Kraftstoffe des TFZ Straubing, tauschten sich Vertreter von CLAAS KGaA mbH, CNH Industrial Deutschland GmbH und John Deere GmbH & Co. KG mit Dr. Hans-Jürgen Froese, Leiter des Referats 525 "Energie, Bioökonomie, Nachwachsende Rohstoffe“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, darüber aus, wie eine Mobilitätswende in der Land- und Forstwirtschaft gelingen kann. Wie in allen Bereichen, die den Umwelt- und Klimaschutz tangieren, ist auch hier eine enge Zusammenarbeit zwischen der Politik, der Industrie und der betroffenen Branche unabdingbar.

Professor Dr. Peter Pickel, Manager External Relations bei John Deere GmbH & Co. KG, betonte dabei, dass insbesondere bei mittleren und schweren Tätigkeiten in der Landwirtschaft eine dem Diesel ähnliche Leistungsdichte erforderlich ist, die auf absehbare Zeit nur durch flüssige und gasförmige Kraftstoffe geliefert werden kann. „Nachhaltige Biokraftstoffe wie Pflanzenöl oder Biodiesel sind kurzfristig in diesem und auch noch im nächsten Jahrzehnt die einzige Möglichkeit, die CO2-Emissionen der mobilen Landmaschinen signifikant zu senken, die Krisensicherheit der Landwirtschaft durch Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu erhöhen und gleichzeitig auch die Wertschöpfung im ländlichen Raum zu verbessern.“ Gerade flüssige Biokraftstoffe bieten dabei einen bedeutenden Nebengewinn: „Die Produktion von Biokraftstoffen ist gekoppelt an die Produktion von heimischen Proteinträgern (etwa Rapspresskuchen), die Importe aus Übersee substituieren und so zu einem Tank-und-Teller-Szenario beitragen.“ In der Zukunft, aber noch nicht in unmittelbarer Zeit, bewertet er elektrischen Strom als tauglich für die schweren Land- und Forstmaschinen. „Zunehmend, aber mit signifikanter Wirkung auf die THG-Emissionen erst langfristig – also nach 2030 – werden elektrifizierte Antriebssysteme eine wesentliche Rolle bei mobilen Landmaschinen spielen.“

Die Aussage von Pickel wurden durch Klaus Senghaas, Market Leader Alternative Fuels von CNH Industrial Deutschland GmbH, bestärkt. „Traktoren und Landmaschinen werden heute überwiegend mit fossilem Diesel betrieben. Das gemeinsame Ziel von Landwirtschaft Landmaschinenindustrie ist in der Zukunft, klimaneutral und unabhängig von fossilen Energien nachhaltig Nahrungsmittel zu erzeugen. Deshalb ist die Entwicklung von Technologien für den Einsatz und die Produktion von erneuerbaren Energien ein wichtiger Bestandteil der New Holland DNA.“ Allerdings, so betont er, braucht es auch hier weniger Hürden durch Bürokratie und praxisferne Limitierungen. „New Holland hat schon einige Technologien und Maschinen für die Produktion und den Einsatz von erneuerbaren Antriebsenergien präsentiert und teilweise bereits in das Produktportfolio aufgenommen, wie zum Beispiel den Biomethantraktor oder den Batterieelektrischen T4 Traktor. Was die Einführung erschwert, ist die fehlende Infrastruktur wie zum Beispiel Gasaufbereitungsanlagen und Tankstellen für Biomethan im ländlichen Gebiet. Doch diese Maßnahmen werden in Deutschland nicht gefördert. Sie werden durch schwierige, langwierige, teure Genehmigungsverfahren erschwert und teilweise sogar verhindert.“

Die Prognose, dass die künftigen steigenden Versorgungsbedürfnisse lediglich durch ein vielseitiges Spektrum von erneuerbaren Antriebsenergien bewerkstelligt werden können, bestätigte auch Patrick Ahlbrand, Senior Manager Product Strategy von CLAAS KGaA mbH. „Die größte Herausforderung bei alternativen Antriebskonzepten stellt immer noch die Sicherstellung notwendiger Reichweiten bei praxistauglichem Gewicht und Bauraum dar. Vor dem Hintergrund, dass weitere Produktivitätssteigerungen zur Ernährungssicherung erforderlich sind, wird die Verwendung von nachhaltigen, flüssigen Kraftstoffen aufgrund ihrer hohen Energiedichte auch noch in der nachfolgenden Dekade für mittel bis schwere mobile Anwendungen notwendig sein. Lösungen auf Wasserstoff- oder batterieelektrischer Basis schränken die erforderliche Arbeitszeit drastisch ein, wodurch das Anwendungsspektrum auf leichte Arbeiten im Teillastbereich und hofnahes Arbeiten begrenzt ist.“

Der Fokus in der Mobilitätsdebatte scheint derzeit nahezu ausschließlich auf der e-Mobilität und der Aussicht auf Wasserstofftechnologie zu liegen. Gerade Maschinen, die schwere oder intensive Arbeiten zu verrichten haben, benötigen jedoch eine hohe Leistungsdichte. Um unmittelbar auf die inzwischen unbestreitbaren Konsequenzen der Klimakrise zu reagieren, müssen demnach umgehend alle sinnvollen und möglichen Maßnahmen ergriffen werden. Michael Horper, Vorsitzender der Plattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, verweist daher auf eine unabdingliche Revision politischer Entscheidungen in der jüngsten Vergangenheit. „Bis Ende 2021 wurde Biokraftstoff, der in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt wird, mit 45 Cent je Liter entlastet. Seit 1. Januar 2022 wird für Biokraftstoffe keinerlei steuerliche Entlastung mehr gewährt, die Energiesteuer für Biokraftstoffe beträgt somit 47,04 Cent je Liter. Dadurch ergibt sich die aus Klimaschutzaspekten absurde Situation, dass nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe eine hohe Steuerbelastung haben und somit einen entscheidenden preislichen Wettbewerbsnachteil bekommen. Das ist ein unhaltbarer Zustand und muss von der Bundesregierung korrigiert werden. Genauso wie die Aussagen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke, dass Biokraftstoffe keine Zukunft haben sollen.“