
Bayerisches Staatsgut Almesbach
Lage | Almesbach, Bayern |
Betrieb | Ackerbauch Milchviehhaltung |
Erneuerbare Energien |
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Landwirtschaftliche genutzte Fläche | 280 Hektar |
Internetauftritt | https://www.baysg.bayern.de/zentren/almesbach |
„Biodiesel (B100) kann ohne Probleme eingesetzt werden. Er trägt zur klimaverträglichen Bewirtschaftung der bayerischen Staatsgüter bei.“
Andreas Kiener
Betriebsleiter des Bayerischen Staatsguts Almesbach
Pilotprojekt in Almesbach prüft die Praxistauglichkeit von B100 in modernen Landmaschinen
Wie zuverlässig arbeiten moderne Traktoren mit reinem Biodiesel, ohne Kompromisse hinsichtlich Leistung oder Umweltstandards zu verzeichnen? Um das herauszufinden, testet derzeit ein Forscherteam des Technologie- und Förderzentrums (TFZ) aus Straubing einen handelsüblichen Schlepper auf einem Betrieb der Bayerischen Staatsgüter in Almesbach: Seit August 2023 läuft dort ein CLAAS AXION 830 mit 230 PS auf Äckern und Wiesen – allerdings nicht mit herkömmlichem Diesel, sondern mit Biodiesel B100.
Dieser Praxistest ist Teil des Demonstrationsprojekts „Klimaverträgliche Bewirtschaftung der Staatsgüter“ (KlimaBeSt), welches vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium gefördert wird.
Klimaschutz auf dem Acker
Biodiesel ähnelt in seiner chemischen Beschaffenheit dem fossilen Diesel, das verrät schon der Name. Der Unterschied ist jedoch, dass er nicht aus Mineralölvorkommen bezogen wird, sondern ein Gemisch aus Abfallstoffen, Restölen und rohem Pflanzenöl ist. In Deutschland werden seit Jahren große Mengen produziert, dann jedoch meist in geringer Menge fossilen Dieselkraftstoffen (z. B. 7 % zu „B7“ oder 10 % zu „B10“) beigemischt. Das Projekt in Almesbach wagt sich hingegen einen Schritt weiter: Hier wird der Kraftstoff als sogenannter Reinkraftstoff eingesetzt, also B100. Dabei soll herausgefunden werden, ob dieser alternative Antrieb auch in der Praxis mit den hohen Anforderungen moderner Landtechnik mithalten kann – insbesondere bezüglich der Emissionen, Zuverlässigkeit und Effizienz.
Ein Traktor, fast wie jeder andere
Die erforderlichen Anpassungen sind dabei wahrlich überschaubar, denn der eingesetzte AXION 830, ein 6-Zylinder mit 230 PS, ist zu 99,5 Prozent baugleich mit der Standardausführung. Für die Verwendung von Biodiesel bedarf es lediglich einer andere Dieselpumpe aufgrund der leicht unterschiedlichen Viskosität. Auch einige Leitungen sowie zwei Dichtungen am Dieselkühler wurden ausgetauscht, erklärt CLAAS-Entwicklungsingenieur Hendrik Kleine. CLAAS unterstützt das Projekt, indem es den Traktor für gut zwei Jahre, von August 2023 bis November 2025, kostenfrei zur Verfügung stellt.
Mit dem Betriebsverhalten des AXION 830 mit Biodiesel sind Betriebsleiter Andreas Kiener und sein Team sehr zufrieden: zuverlässig, keine Leistungsverluste und niedrigere Abgaswerte im Vergleich zum gängigen Diesel.
„Alternative Antriebe werden für den Klimaschutz in der Landwirtschaft immer wichtiger. Wir wollen zeigen, dass Biodiesel eine echte Alternative sein kann – auch in neuester Maschinentechnik mit komplexer Abgasnachbehandlung“
Dr. Johannes Ettl
Leiter Prüfstände des Technologie- und Förderzentrums Straubing
Einsatz im echten Alltag
Nach ersten Laborversuchen im Technologie- und Förderzentrum Straubing wird nun der Biodiesel-Einsatz unter realen Bedingungen erprobt. Der Traktor war bislang rund 855 Arbeitsstunden [Stand April 2025] auf der ca. 280 Hektar großen Fläche in Almesbach im Einsatz. Aufgaben: Grubbern, Pflügen, Säen, auf Transportfahrten und bei der Gülleausbringung. Der Jahresverbrauch beziffert sich auf etwa 10.000 Litern Biodiesel – ein deutliches Zeichen für das CO2-Einsparpotenzial fossiler Kraftstoffe.
Betriebsleiter Andreas Kiener und sein Team beteiligten sich von Anfang an mit großem Interesse an dem Forschungsprojekt. Ziel der Bayerischen Staatsgüter ist es nämlich, bis 2030 nur noch Maschinen zu nutzen, die klimafreundliche Kraftstoffe im Tank oder erneuerbaren Strom in der Batterie haben.
Bereits im Jahr 2010 kam auf dem Staatsgut Almesbach ein Fendt 820 Vario zum Einsatz, der mit einem Zwei-Tank-System betrieben wurde: HVO zum Vorheizen und dann ausschließlich Rapsöl vom eigenen Acker. Der dabei entstandene Presskuchen wurde den 140 Milchkühen des Betriebs verfüttert. Seit Betriebsaufgabe der nahegelegenen Ölmühle Juraps gehört diese Option aktuell jedoch der Vergangenheit an.
Aufgrund der biologischen Abbaubarkeit von Biodiesel reicht eine provisorische „Tankstelle“: Der Biodiesel wird direkt auf dem Betriebsgelände in sieben 1000-Liter-Behältern gelagert, die innen eine Hartplastikschale haben und außen mit Metall geschützt sind. Der Kraftstoff wird von der Arbeitsgemeinschaft Qualitätsmanagement Biodiesel e. V. (AGQM) nach ihrem Leitfaden für B100-Anwendungen zur Verfügung gestellt.
Erweiterung des Projekts mit einem CLAAS ARION 470
Zusätzlich zum Traktor AXION wurde im April 2025 das Spektrum des Projekts um einen CLAAS ARION 470 erweitert, der nun verstärkt in hofnahen Anwendungen getestet wird.
„Die Herausforderung bei der Validierung von Traktoranwendungen liegt in ihrer Vielseitigkeit. Es ist wichtig, dass unsere Technik in den unterschiedlichsten Anwendungen überzeugt – sowohl in langen Einsätzen in der Außenwirtschaft als auch bei täglichen Hofarbeiten“, berichtet Fabian Wohlfahrt, strategischer Programmmanager für alternative Antriebe bei CLAAS.
(Mehr Informationen dazu finden Sie auf unserer Pressemitteilung vom 24. März 2025).
Signalwirkung für Landwirtschaft und Politik
Das Projekt ist Teil eines größeren Forschungsvorhabens: Aktuell werden vom TFZ über 30 weitere Maschinen mit alternativen Antrieben auf Bayerischen Staatsgütern getestet. Das Signal, welches die Wissenschaft, Wirtschaft und Politik hier gemeinsam sendet, ist deutlich: Klimaschutz und Landwirtschaft können, wollen und sollten Hand in Hand gehen, insbesondere, da die Landwirtschaft von einem gesunden Klima und funktionierenden Ökosystemen abhängig ist. Dafür braucht es jedoch die richtigen Rahmenbedingungen, wie z. B. die langfristige und optimalerweise EU-weite Gleichstellung aller erneuerbaren Kraftstoffoptionen, um Investitionen in allen relevanten Branchen zu vereinfachen.
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten seinerseits unterstützt das Projekt sowohl finanziell als auch ideell.
„Wir wünschen dem Team in Almesbach allzeit gute Fahrt – und dem Biodiesel eine glänzende Zukunft“, fasste Bernhard Beer von CLAAS Nordostbayern die Erwartungen zum Projektstart zusammen. Ob sich diese erfüllen, werden Sie hier nach Projektende im November 2025 in einem Update erfahren. Bislang stehen die Zeichen dafür jedenfalls günstig: der Traktor läuft reibungslos.


Mehr Infos
Webseite Bayerisches Staatsgut Almesbach: https://www.baysg.bayern.de/zentren/almesbach/333035/index.php
Mediathek BR: https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/unser-land/agrardiesel-alternativen-24-mai-2024-unser-land-100.html
TFZ Straubing: https://www.tfz.bayern.de/umweltbewertung/249906/index.php