Am 11. und 12. März 2020 fanden im Haus Düsse, dem Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, die 16. Ölmüllertage statt. Nach Eröffnung der alljährlichen Veranstaltung durch den Präsidenten des Bundesverbandes Dezentraler Ölmühlen und Pflanzenöltechnik, Rainer Reuß, begann die Vortragsreihe zu branchenrelevanten Themen.

Den Auftakt machte Prof. Dr. Peter Pickel, Manager External Relations und Deputy Director European Technology Innovation Center (ETIC) des Landtechnikunternehmens John Deere. Um den Landwirten einen „flexiblen“ Schlepper anbieten zu können, entwickelt das ETIC derzeit einen Multifuel-Traktor, der also sowohl mit Diesel, Biodiesel als auch mit reinem Pflanzenöl angetrieben werden kann. Es besteht demnach der Bedarf an einem Motor, der mittels einer speziellen Software die getankte Kraftstoffzusammensetzung erkennt und somit das Einspritz-verhalten durch ein automatisches Adaptatierungssystem individuell anpassen kann. Über den umfassenden Forschungs-bedarf, um jegliche (Technische) Herausforderungen auf dem Weg zum MULTIFUEL-Traktor zu bewältigen, waren sich die Teilnehmer der Ölmüllertage spätestens nach Prof. Dr. Pickels Vortag zumindest im Ansatz bewusst.  Mehr Infos zu dem staatlich geförderten MuSt5-Projekt u.a. auf der Webseite des TFZ.

Die technische Komponente wurde abgelöst durch einen Einblick in die rechtliche Situation: die gesetzlichen Anforderungen an Biokraftstoffe werden immer komplizierter und es fällt einem als Produzent sowie Konsument schwer, die Übersicht zu bewahren. In seinem Vortrag berichtete Peter Jürgens, Geschäftsführer der Zertifizierungsgesellschaft REDcert, daher insbesondere über das Thema Ölsaaten und Pflanzenöle unter der RED II – Neues und Bewährtes aus Sicht der Zertifizierung. Zahlreiche Kriterien beschränken hierbei die Herkunft und Art der energetisch nutzbaren Biomasse, zudem müssen Lieferanten sowie Verarbeiter entsprechend umfangreiche Nachweise liefern. Die Komplexität der Auflagen erschwert den Überblick nicht nur für die Hersteller, die Verwender und die Prüfer, sondern natürlich auch für die Behörden selbst.  REDcert ist daher u.a. darum bemüht, Systeme zu entwickeln, die den Vorgaben gerecht werden als auch natürlich sein Personal entsprechend zu schulen.

Seit etwa 2012 wurden – teils  in zunehmendem Maße – Mineralölbestandteile (kurz MOSH/MOAH) in Lebensmitteln und Verpackungen nachgewiesen. Doch woher kommen stammen die Kohlenwasserstoffe, die auf den Konsumenten beträchtliche Gesundheitsschäden haben können? Und wie können sie vermieden werden? Dr. Doreen Koltermann vom Julius-Kühn-Institut erklärte in ihrem Vortrag Minimierung von Mineralölbestandteilen in Speiseölen den aktuellen Stand des Forschungsprojekts, welches gemeinsam mit dem Max-Rubner-Institut und dem Deutschen Institut zur Lebensmitteltechnik unter der Trägerschaft des Forschungskreises der Ernährungsindustrie und dem Forschungsnetzwerk Mittelstand durchgeführt wird. Das Projekt läuft aktuell bis August 2020 und konzentriert sich auf die Ölpflanzenarten Raps, Lein und Sonnenblume. Aufgrund der Fülle der Einflussfaktoren bedarf es noch zahlreichen Untersuchungen und Verfahrensoptimierungen, um die Eintragungswege und Vermeidungs-/Minimierungsmethoden zu analysieren und empfehlen zu können. Eins ist aber gewiss: besonders Schneckenpressen bedürfen einer regelmäßigen Reinigung und Wartung!

So viel theoretischer Input musste erstmal verarbeitet werden, um „Platz“ für die beiden letzten Vorträge zu machen: da kam ein Rundgang gerade recht. Der Sachbereichsleiter des Acker- und Pflanzenbaus Dr. Arne Dahlhoff führte die Teilnehmer über einen Teil des weitläufigen Geländes des Haus Düsse. Forschungen hinsichtlich der optimierten Stall- und Fütterungsgestaltung von Rind und Schwein ausgesprochen interessant und unterhaltsam. Am Ende der Führung spannte Dr. Michael Dickeduisberg dann in der Halle der Energielehrschau einen passenden Bogen zur Branche der Ölmühlen und Biokraftstoffe.

Mit Kaffee und Kuchen ging es anschließend in die zweite Runde der Vortragsreihe:

Die Proteinpflanze Soja gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit. Einerseits bietet sie sich in der Nahrungsmittelindustrie an, um tierische Produkte zu substituieren und kommt dem zu ersetzendem Produkt in seiner Konsistenz verhältnismäßig nahe (z.B. Hackfleisch oder Milcherzeugnisse). Andererseits steht sie in der Futter- und Kraftstoffbranche als häufig importiertes Gut aus Übersee allein aus ökologischer Sicht in einem recht negativen Licht. Um der Abhängigkeit von den Einfuhren der meist gentechnisch veränderten Sojabohnen gegenzusteuern, steigt seit wenigen Jahren der heimische Sojaanbau zusehends. Was es allerdings in puncto Anbau und Verarbeitung von Soja zu berücksichtigen gilt, erklärte Herr Amos Ramsauer auf anschauliche Weise. Bei der Firma Viva Organic leitet er den Fachbereich ‚Bioproteine‘ und konnte aufgrund seines direkten Kontakts zu Bio-Landwirten offene Fragen zur Theorie und der Praxis verständlich beantworten.

Beendet wurde die Vortragsreihe durch Herrn Johannes Kurzmann, Mitbegründer und Geschäftsführer des Unternehmens GreenPlanet EnviroTec. Ziel des Unternehmens ist Die 100%-ige Verwertung von Ölpflanzen zu CO2 neutraler Energie und hochwertigen Lebensmitteln. Neben innovativen Technologien zur Energiegewinnung spezialisieren sich Herr Kurzmann und seine Kollegen auch auf die Aufwertung der Presskuchen diverser Ölpflanzen zu qualitativ hoch wertvollen Nahrungsmittel, die in der Fleisch- und Wurstindustrie, in Back- und Teigwaren und sogar in der Speiseeisherstellung zum Einsatz kommen sollen. Sobald die Produktion starten kann, wird bei GreenPlanet EnviroTec ein hoher Bedarf an Presskuchen entstehen.

Nach so viel Input hatten sich die Teilnehmer nun wahrlich eine Belohnung verdient: den berühmt-berüchtigten Ölmüllerabend. In geselliger Runde gab bei Speis und Trank die Gelegenheit, sich über die Vortragsinhalte und weitere Themen auszutauschen, zu netzwerken und den Tag Revue passieren zu lassen.

Am nächsten Morgen schloss sich an die jährliche Mitgliederversammlung die „Offene Diskussionsrunde“ an. Eines der Themen war die Bedeutung des Altspeisefetts, welches zunehmend in der Kraftstoffbranche zur Beimischung genutzt wird. Die Problematik liegt hierbei allerdings zum einen darin, dass die teils mangelhafte Qualität die Leistung der Einspritzdüsen negativ beeinträchtigt. Zudem wird auch in diesem Fall ein Handel befürchtet, der nicht im Zeichen der Nachhaltigkeit steht (globaler Transport, etc.).

Mit einem gemeinsamen Mittagessen endeten die Ölmüllertage 2020 bei strahlendem Sonnenschein.

Der BDOel dankt von Herzen Haus Düsse und damit der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen für ihre Gastfreundschaft sowie allen Teilnehmern für ihr Kommen und ihre rege Beteiligung!
 

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